Neue Arbeitsstättenverordnung

Neue Arbeitsstättenverordnung

Die Verordnung zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen (Artikel 1 Änderung der Arbeitsstättenverordnung -ArbStättV-) wurde im Bundesgesetzblatt (Teil 1 Nr. 56, Seite 2681) veröffentlicht. Die Verordnung ist am 03.12.2016 in Kraft getreten. Jeder Arbeitgeber hat die Aufgabe, die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten in Arbeitsstätten (_auch auf Baustellen_) wirksam zu schützen und Arbeitsabläufe menschengerecht zu gestalten. Das gilt für das Einrichten wie auch für das Betreiben der Arbeitsstätte. Die Neufassung der ArbStättV ist im Internet unter https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/arbst_ttv_2004/gesamt.pdf abrufbar.

Folgende ausgewählte Regelungen oder Änderungen sind hervorzuheben:

Begriffsbestimmungen, § 2 ArbStättV
Was Arbeitsstätte ist und zur Arbeitsstätte gehört und was Arbeitsräume, Arbeitsplätze, Bildschirmarbeitsplätze, Bildschirmgeräte und Telearbeitsplätze sind, ist in § 2 definiert. Neu ist die Definition der Telearbeitsplätze (Arbeitsplätze außerhalb der Betriebsstätte). Telearbeitsplätze sind vom Arbeitgeber fest  eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die  Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des  Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist.

Einrichten ist das Bereitstellen und Ausgestalten der Arbeitsstätte. Das Einrichten umfasst insbesondere:

1. bauliche Maßnahmen oder Veränderungen,
2. das Ausstatten mit Maschinen, Anlagen, anderen Arbeitsmitteln und Mobiliar sowie mit Beleuchtungs-, Lüftungs-, Heizungs-, Feuerlöschund Versorgungseinrichtungen,
3. das Anlegen und Kennzeichnen von Verkehrs- und Fluchtwegen sowie das Kennzeichnen von Gefahrenstellen und brandschutztechnischen Ausrüstungen und
4. das Festlegen von Arbeitsplätzen.

Das Betreiben von Arbeitsstätten umfasst das Benutzen, Instandhalten und Optimieren der Arbeitsstätten sowie die Organisation und Gestaltung der Arbeit einschließlich der Arbeitsabläufe in Arbeitsstätten.

Instandhalten ist die Wartung, Inspektion, Instandsetzung oder Verbesserung der Arbeitsstätten zum Erhalt des baulichen und technischen Zustandes. Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Gewährleistung der Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Arbeitsmedizin und die Hygiene.

Fachkundig ist, wer über die zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Die Anforderungen an die Fachkunde sind abhängig von der jeweiligen Art der Aufgabe. Zu den Anforderungen zählen eine entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübteentsprechende berufliche Tätigkeit. Die Fachkenntnisse sind durch Teilnahme an Schulungen auf aktuellem Stand zu halten.

Gefährdungsbeurteilung, § 3 Gefährdungsbeurteilung

Der Arbeitgeber hat zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Gefährdungen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können. Alle möglichen Gefährdungen der Sicherheit und der Gesundheit der Beschäftigten sind zu beurteilen und dabei die Auswirkungen der Arbeitsorganisation und der Arbeitsabläufe in der Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Bei der Gefährdungsbeurteilung sind die physischen und psychischen Belastungen sowie bei Bildschirmarbeitsplätzen insbesondere die Belastungen der Augen oder die Gefährdung des Sehvermögens der Beschäftigten zu berücksichtigen. Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten gemäß ArbStättV einschließlich ihres Anhangs nach dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene festzulegen. Sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.

Die Gefährdungsbeurteilung ist fachkundig durchzuführen. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Die Gefährdungsbeurteilung ist vor Aufnahme der Tätigkeiten zu dokumentieren. In der Dokumentation ist anzugeben, welche Gefährdungen am Arbeitsplatz auftreten können und welche Arbeitsschutzmaßnahmen durchgeführt werden müssen.

§ 3 gilt bei Telearbeitsplätzen bei der erstmaligen Beurteilung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes.

Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten, § 3a ArbStättV

Arbeitsstätten müssen so eingerichtet und betrieben werden, dass Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und verbleibende Gefährdungen möglichst gering gehalten werden. Beim Einrichten und Betreiben der Arbeitsstätten hat der Arbeitgeber die nach der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Arbeitsschutzmaßnahmen durchzuführen und dabei den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene, die ergonomischen Anforderungen sowie insbesondere die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bekannt gemachten Technischen Regeln für Arbeitsstätten und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Bei Einhaltung der bekannt gemachten Regeln ist davon auszugehen, dass die in dieser Verordnung gestellten Anforderungen diesbezüglich erfüllt sind. Wendet der Arbeitgeber diese Regeln nicht an, so muss er durch andere Maßnahmen die gleiche Sicherheit und den gleichen Schutz der Gesundheit der Beschäftigten erreichen.

Bei Beschäftigungen von Menschen mit Behinderungen sind die besonderen Belange zu berücksichtigen, insbesondere die barrierefreie Gestaltung (Einzelheiten in § 3a (2)). Auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers kann die zuständige Behörde Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhanges zulassen, wenn

1. der Arbeitgeber andere, ebenso wirksame Maßnahmen trifft oder
2. die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte

führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist. Bei der Beurteilung berücksichtigen. sind die Belange der kleineren Betriebe besonders zu Anforderungen in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im Bauordnungsrecht der
Länder, gelten vorrangig, soweit sie über die Anforderungen dieser Verordnung hinausgehen.

Besondere Anforderungen an das Betreiben von Arbeitsstätten, § 4 ArbStättV

Arbeitsstätten sind instand zu halten. Festgestellte Mängel sind unverzüglich zu beseitigen. Können Mängel wegen unmittelbarer erheblicher Gefahr nicht beseitigt werden, ist dafür zu sorgen, dass gefährdete Beschäftigte ihre Tätigkeit unverzüglich einstellen.

Arbeitsstätten müssen den hygienischen Erfordernissen entsprechend gereinigt werden. Verunreinigungen und Ablagerungen, die zu Gefährdungen führen können, sind unverzüglich zu beseitigen.

Sicherheitseinrichtungen, insbesondere Sicherheitsbeleuchtung, Brandmelde- und Feuerlöscheinrichtungen, Signalanlagen, Notaggregate und Notschalter sowie raumlufttechnische Anlagen hat der Arbeitgeber instand zu halten und in regelmäßigen Abständen auf ihre Funktionsfähigkeit prüfen zu lassen.

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzbar sind. Der Arbeitgeber hat Vorkehrungen so zu treffen, dass die Beschäftigten bei Gefahr sich unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können. Der Arbeitgeber hat einen Fluchtund Rettungsplan aufzustellen, wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung derArbeitsstätte dies erfordern. Der Plan ist an geeigneten Stellen in der Arbeitsstätte auszulegen oder auszuhängen. In angemessenen Zeitabständen ist entsprechend diesem Plan zu üben. Der Arbeitgeber hat Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe zur Verfügung zu stellen und regelmäßig auf ihre Vollständigkeit und Verwendungsfähigkeit prüfen zu lassen.


Nichtraucherschutz, § 5 ArbStättV

Es sind die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen. Für Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr sind für Arbeitsräume der Natur des Betriebes und der Art der Beschäftigung angepasste technische oder organisatorische Maßnahmen zum Schutz der nicht rauchenden Beschäftigten zu treffen.

Unterweisung der Beschäftigten, § 6 ArbStättV

Den Beschäftigten sind ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über 1. das bestimmungsgemäße Betreiben der Arbeitsstätte,
2. alle gesundheits- und sicherheitsrelevanten Fragen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit,
3. Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten durchgeführt werden müssen, und
4. arbeitsplatzspezifische Maßnahmen, insbesondere bei Tätigkeiten auf Baustellen oder an Bildschirmgeräten, und sie anhand dieser Informationen zu unterweisen.

Die Unterweisung muss sich auf Maßnahmen im Gefahrenfall erstrecken, insbesondere auf

1. die Bedienung von Sicherheits- und Warneinrichtungen,
2. die Erste Hilfe und die dazu vorgehaltenen Mittel und Einrichtungen und
3. den innerbetrieblichen Verkehr.

Die Unterweisung muss sich ferner auf Maßnahmen der Brandverhütung und Verhaltensmaßnahmen im Brandfall erstrecken, insbesondere auf die Nutzung der Fluchtwege und Notausgänge. Diejenigen Beschäftigten, die Aufgaben der Brandbekämpfungübernehmen, hat der Arbeitgeber in der Bedienung der Feuerlöscheinrichtungen zu unterweisen.

Die Unterweisungen müssen vor Aufnahme der Tätigkeit stattfinden. Danach sind sie mindestens jährlich zu wiederholen. Sie haben in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zu erfolgen. Unterweisungen sind unverzüglich zu wiederholen, wenn sich die Tätigkeiten der Beschäftigten, die Arbeitsorganisation, die Arbeits- und Fertigungsverfahren oder die Einrichtungen und Betriebsweisen in der Arbeitsstätte wesentlich verändern und die Veränderung mit zusätzlichen Gefährdungen verbunden ist.

Die Unterweisungspflicht gilt auch für Telearbeitsplätze, soweit der Arbeitsplatz von dem im Betrieb abweicht.

Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, § 9 ArbStättV

Der Katalog strafbarer oder mit Bußgeld verfolgbarer Verhaltensweisen ist neu reguliert worden (siehe Einzelheiten in § 9). Die vormalige Vorschrift, die den Verstoß gegen die für Sicherheitseinrichtungen bestehende Wartungs- und Prüfpflicht sanktionierte, ist ersatzlos weggefallen.